István Eszterhás:

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Die Geschichte der Pseudokarstkommission der UIS

1    Die Vorgeschichte
2    Die Gründung der Pseudokarstkommission
3    Die Tätigkeit der Kommission zwischen 1997 und 2001
4    Die Tätigkeit der Kommission zwischen 1991 und 2005
5    Die Tätigkeit der Kommission zwischen 1995 und 2008

1    Die Vorgeschichte

Pseudokarsterscheinungen werden seit langer Zeit beobachtet und beschrieben, ohne dass man diese Erscheinungen so genannt hat. In China wurden bereits vor etwa 2300 Jahren Aushöhlung im Löss beschrieben. Die altertümlichen römischen Schriften erwähnen die Lavarohrhöhlen des Ätnas (HALLIDAY 2007). Vom ausgehenden Mittelalter sind aus den meisten Ländern Europas viele Schriften bekannt, die uns im entsprechenden Stil des Zeitgeistes und des damaligen Kenntnisstandes über Pseudokarsthöhlen informieren.

Die Fachbegriffe „Pseudokarst“ und die „Pseudokarsterscheinung“ finden wir erstmalig zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Nach unseren bisherigen Erkenntnissen hat Walther von Knebel, ein deutscher Geologe, diese spezielle Benennung im Jahr 1906 in seinem Werk „Höhlenkunde mit Berücksichtigung der Karstphänomene“ zuerst verwandt (KNEBEL 1906). Der russische Geologe F. P. Savarenskij hat 1931 die Pseudokarsterscheinungen der Löss- und Tonsedimenten klassifiziert. Im Jahr 1941 hat der italienischer Forscher G. Florida eine Studie mit dem Titel: „Un particolare fenomeno pseudocarsico manifestato da algune argile" geschrieben (FLORIDA 1941).
Nach den 1950er Jahren verbreitete sich der Ausdruck des Pseudokarstes in erster Linie in der speläologischen Arbeiten der mitteleuropäischen (böhmisch, deutsch) Sprachen (KUKLA 1950, KOSACK 1952). Kurz darauf hatte dieser Fachausdruck fast das ganze Gebiet Europas und Amerikas erobert. Ab 1982 fanden in Mitteleuropa die ersten systematischen und selbständigen Symposien zum Pseudokarst statt. (zurück)

2    Gründung der Pseudokarstkommission der UIS

Bei den wissenschaftlichen Treffen zum Pseudokarst kam mehrmals der Bedarf zur Gründung eines Weltbundes zur Sprache. Auf der Abschlusssitzung des 6. Internationalen Symposiums über den Pseudokarst in Galyatetö (Ungarn), am 22. September 1996 fassten die anwesende Forscher fünf Beschlüsse. Einer von diesen war: „Wir bitten das Sekretariat der UIS um die Möglichkeit, auf dem 12. Internationalen Kongress für Speläologie in La Chaux-de-Fonds (Schweiz) im Jahr 1997 die Pseudokarstkommission gründen zu können." (ESZTERHÁS - SARKÖZI 1996). Das Organisationskomitee des Symposiums hat diese Bitte an das Sekretariat der UIS und an das Organisationskomitee des 12. Kongresses gerichtet. Der in dem Ersuchen abgefasste Beschluss fand letztlich Gehör.

Auf dem Kongress in La Chaux-de-Fonds wurde eine Zeit- und Raumplanung für die Sitzungen der bestehenden 23 Kommissionen vorgelegt. Die noch nicht gegründete Pseudokarstkommission (und die Höhlenmineralienkommission) waren in dieser Planung jedoch nicht vorgesehen. Zwar gab man nach einer schnellen Reklamierung und Reorganisierung Ort und Zeitpunkt der Gründungssitzung offiziell bekannt, aber unter den möglichen Beteiligten verbreitete sich die Information nur von Mund zu Mund.

Die konstituierende Sitzung der Pseudokarstkommission fand schließlich am 15. August 1997 um 10:30 Uhr im Saal 618 des Kantonischen Gymnasiums in La Chaux-de-Fonds statt. Wegen der zuvor beschriebenen Organisationsschwierigkeiten haben sich zu der konstituierenden Sitzung nur 10 Personen von 7 Ländern versammelt:

Bella, Pavel (SK)
Bosák, Pavel (CZ)
Eszterhás István (H)
Gaal, Ludovit (SK)
Mais, Karl (A)
van der Pas, Jan Paul (NL)
Pavuza, Rudolf (A)
Schöne, Tilo (D)
Striebel, Thomas (D)
Tulucan, Tiberiu (RO)

Die Versammelten haben sich für die Gründung der Kommission entschieden und die folgende Leitung gewählt:

Jiri Kopecky (CZ) - Ehrenpräsident,
István Eszterhás (H) - Präsident,
Tilo Schöne (D) - Vizepräsident,
Tiberiu Tulucan (RO) - Sekretär

Diese Leitung hat den ersten Arbeitsplan der Kommission beschlossen.
Dieser beinhaltete:
• die Erfassung der Pseudokarsthöhlen in Katastern,
• die Bildung spezieller Arbeitsgruppen (geomorphologische, mineralogische, klimatologische, biologische usw.),
• die Kontaktpflege mit anderen Kommissionen (Vulkanspeläologie, Bibliothek usw.)
• eine intensive Publikationstätigkeit und
• die zielgerichtete Ausdehnung der Kommission von Mitteleuropa auf ganz Europa und andere Kontinente (TULUCAN 1977).(zurück)


3    Die Tätigkeit der Kommission zwischen den UIS-Kongressen in der Schweiz 1997 und Brasilien 2001

Kurz nach der Gründung der Kommission hat der Präsident ein Rundschreiben an etwa 50 nationale Gesellschaften und bekannte Pseudokarstforscher versandt. Er informierte in diesem über die Gründung der Kommission, über den Plan des künftigen Informationsblattes und ermunterte die Interessenten zur Mitarbeit. Im Mai des Jahres 1998 erschien die erste Nummer des Informationsblattes mit Titel „Nachrichtenbrief“.

Es galt nun die Ziele zu verwirklichen, die bei der Gründung der Kommission gesetzt wurden. Die Registrierung der Pseudokarst-Erscheinungen ist seitens Länder weitergegangen. Die Beziehungen zwischen uns und der Kommission für Vulkanhöhlen sowie der Kommission für Geschichte der Höhlenforschung sind eng und freundschaftlich. Wir informieren einander über die Ergebnisse und nehmen gegenseitig an den jeweiligen Veranstaltungen teil. Wir suchten Kontakte mit mehreren Kommissionen (Eishöhlen, Komm. Bibliothek usw.), die sich jedoch verschlossen haben. Die Kooperation wurde in der Forschung auf den Gebieten der Wurzelstalagmiten, der Sandstein-, Granit- und Quarzitkarren zunehmend international. Die Mehrzahl der Publikationen zu Themen des Pseudokarstes (neben den Abhandlungsbänden der Symposien und Konferenzen) erscheinen bei verschiedenen nationalen Verlagen, deren Zahl wir ungefähr kennen. Die Pseudokarstkommission selbst gibt zweimal im Jahr den Nachrichtenbrief heraus. Für das UIS-Bulletin verfassen wir einen Jahresbericht von der Tätigkeit unserer Kommission.

Fertig sind nationale Bibliographien zum Pseudokarst von mehreren Länden (Tschechien, Slowakei, Ungarn, Deutschland usw.). Wir haben den Schutz der Pseudokarsterscheinungen den Naturschutzsministerien (-Büros) vorgeschlagen. Diesen Vorschlag haben einige Institutionen akzeptiert, anderswo nicht.
Im Jahr 1998 gab es ein internationales Arbeitstreffen in Bayreuth (Deutschland), dann im Jahr 1999 das 7. Internationale Symposium über den Pseudokarst in Arad (Rumänien). Wir wissen um mehrere regionale Treffen in Europa, in Nordamerika, in Australien und in China.

Die Beurteilung des Pseudokarstthemas auf dem 13. UIS-Kongress in Brasilien 2001 war unterschiedlich. Auf der eröffnenden Plenarsitzung des Kongresses hat der Generalsekretär, Pavel Bosák unter anderem auch über die Aktivität der UIS-Kommissionen berichtet. Nach der Qualität der Tätigkeit der 24 Kommissionen wurde die Pseudokarstkommission (mit 3 anderen Kommissionen) zur höchsten Kategorie gezahlt (BOSÁK 2001). Leider wurde die Sitzung der Pseudokarstkommission vom Organisationsbüro des Kongresses nicht geplant, aber nach der Intervention von Jan Paul van der Pas wurde sie doch eingefügt. Auf dem Kongress konnte man sich nur vier Vorträge aus dem Themenbereich des Pseudokarstes anhören (ESZTERHÁS 2001). (zurück)


4    Die Tätigkeit der Kommission zwischen den UIS-Kongressen in Brasilien 2001 und Griechenland 2005

Die Zusammenzählung der Pseudokarsthöhlen wurde von den Mitgliedsländern im Laufe der derzeitigen vier Jahren kontinuierlich durchgeführt. Leider haben wir keine konkreten Angaben hierüber. Die Katasterdaten von einigen Ländern kennen wir genau: bis 2005 wurden in der Tschechien 1092, im Ungarn 896, im Polen 811, in der Slowakei 215 Pseudokarsthöhlen bearbeitend. Der Kataster der Nichtkarst-Höhlen Ungarns erschien mit zahlreichen Plänen, Bildern in digitaler Form auch im Internet. In dieser Periode kümmerten sich unsere Forscher mit großer Aufmerksamkeit in mehren Gegenden der Erde um die weiteren Erkenntnis der Genetik von Sandsteinhöhlen, von Granithöhlen, von Fumarolenhöhlen und von Tafonis usw.

Die Zahl der Publikationen nahm mit Erweiterung der Kenntnisse ständig zu. Die genaue Zahl der Schriften kennen wir nicht, weil die bei hunderten Verlegern an verschiedenen Orten der Erde erschienen sind. Wir haben das Sekretariat des UIS stetig (alle 2-3 Jahren) gebeten, dass sie mindestens die Erscheinung und Verbreitung des Nachrichtenbriefes subventionieren. Sie haben auf unserem Ersuchen gar nicht geantwortet. So tragen die Kosten des Blattes auch bis heute die einige ungarische, holländische und österreichische Kollegen.

Im Jahr 2004 haben wir in Teply Vrch (Slowakei) das 8. Internationale Symposium über den Pseudokarst veranstaltet. Neben den Vorstellungen und Exkursionen haben wir teilweise den Vorstand der Kommission erneuert und die Organisatoren des 14. UIS-Kongresses in Athen gebeten, dass sie eine selbständige Sektion für die Sache der Nichtkarst-Höhlen einrichten. Außerdem fassten wir eine Petition gegen die Natur- und Höhlenzerstörung ab, die ein in Spanien geplanter Autobahnbau verursachen würde (ESZTERHÁS 2004).

Der 14. UIS-Kongress in Athen war wegen dem Nichteinvernehmen der einheimischen Höhlenforscher ziemlich chaotisch. Insgesamt waren zwei Vorträge zum Pseudokarst zu hören. Am einigen Tagen des Kongresses waren die Sitzungen der verschiedenen Kommissionen. Leider wurde in der Ausschreibung die Pseudokarstkommission nicht erwähnt und war daher vom Programm ausgeschlossen. Die anwesenden Eudovit Gaal und Georg Szentes haben eine Lösung für dieses Problem gefunden. Sie haben einfach einen Saal in Beschlag genommen und den Zeitpunkt der Sitzung angekündigt. Auf der Sitzung kamen die bisherige Tätigkeiten und Berichte von verschiedenen Pseudokarstgegenden zur Sprache (SZENTES 2005). (zurück)

5    Die Tätigkeit der Kommission in den vergangenen drei Jahren nach dem UIS-Kongress in Griechenland (2005-2008)

In diesem Zeitabschnitt war vor allem die Forschung der Wurzelstalagmiten erfolgreich. In Österreich und in Australien gelang die Entdeckung neuer Standorte von Wurzelstalagmiten. Mehrere vielsagende Studien sind über die Sandstein- und Granithöhlen erschienen.

In diesen letzten drei Jahren wurden zwei internationale Symposien durchgeführt: eine internationale Konferenz und ein internationales Arbeitstreffen. Im Jahr 2006 fand das 9. Internationale Symposium über den Pseudokarst in Bartkowa (Polen) statt. Hier haben wir 31 hochqualifizierte Vorträge gehört und bedeutende Sandsteinhöhlen der Beskiden befahren (ESZTERHAS 2006). Die bedeutende Internationale Granithöhlenkonferenz in Corufia (Spanien) im Jahr 2007 und ihre Exkursionen in die Granitgegenden des spanischen Galiciens und Portugals waren gelungen (ESZTERHÁS 2007). Diese Konferenz hat zum erhöhten Schutz des Folón-Höhlensystems beigetragen. Ebenfalls in 2007 fand das Internationale Arbeitstreffen über die Wurzelstalagmiten in Teplice nad Metuji (Tschechien) statt. Darauf kamen hauptsächlich die sehr präzise Dokumentation, Publikation und die Aufgaben der Zukunft zur Sprache.

Im Jahr 2008 wurde das 10. Internationale Symposium über den Pseudokarst in Gorizia (Italien) durchgeführt. Hier wurden in 22 Vorträgen die verschiedensten Pseudokarstgegenden der Erde präsentiert, und mit der Gelegenheit zur Exkursion haben wir die Villanova-Höhle gesehen, die durch Erosion einer Sandsteinschicht zwischen Kalksteinschichten entstanden ist. Auf der Kommissionssitzung dieses Symposiums gab es eine wichtige Vorstandswahl. István Eszterhás (H) meldete nach zwölfjähriger Präsidentschaft an, dass er das Amt in der Zukunft wegen seines Gesundheitszustandes nicht weiter übernehmen kann. Hernach erwählten die Mitglieder der Kommission den neuen Präsidenten Jan Urban (PL). Asiatische und amerikanische Forscher wurden in den Vorstand gewählt.
Wir nehmen mit Zufriedenheit zur Kenntnis, dass sich Forscher aus immer mehr Ländern und Kontinenten in die Arbeit der Pseudokarstkommission einbringen. Quasi alle Länder Europas, von Spanien bis Russland, von Schweden bis Italien sind in der Kommission vertreten. Aber auch die Forscher Nord- und Südamerikas, Asiens und Australiens sind mit Ihren Arbeiten direkt beteiligt. (zurück)


LITERATUR

BOSÁK, P. (2001): Commission and Working Group Activity - manuscript Opening Plenary Meeting of the 13. International Congress of Speleology, Brazil, S. 13-14

ESZTERHÁS, I. (2001): Activites of Pseudokarst Researchers on the 13. International Congress of Speleology - Nachrichtenbrief (Nr. 8), Isztimer, S. l-3

ESZTERHÁS, I. (2004): Report on the Pseudokarst Symposium - Nachrichtenbrief (Nr. 12.), Isztimer, S. 1-6

ESZTERHÁS, I. (2006): Report on the Pseudokarst Symposium - Nachrichtenbrief (Nr. 15.), Isztimer, S. 1-6

ESZTERHÁS, I. (2007): Internationale Konferenz zu Granithöhlen - Nachrichtenbrief (Nr. 17.), Isztimer, S. 1-7

ESZTERHÁS, I. - SARKÖZI, Sz. (1996): Introduction - Proceedings of the 6. International Symposium on Pseudokarst, Galyatetö, S. 10-15

FLORIDA, G. (1941): Un particolare fenomeno pseudocarsico manifeste da algune agrile - Bolletino della Societa ei Sciencia Naturale ed Economiche di Palermo
(vol. 23), S. 10-19

HALLIDAY, W. R. (2007): Pseudokarst in the 21 "Century - Journal of Cave and Karst Studies (vol. 69), USA, S. 103-113

von KNEBEL, W. (1906): Höhlenkunde mit Berücksichtigung der Karstphänomene - Druck u. Verlag von Friedrich Vieweg u. Sohn, Braunschweig, S. 183

KOSACK, H.P. (1952): Die Verbreitung der Karst- und Pseudokarsterscheinung über die Erde - Petermanns Geographische Mitteilungen (B. 96.), Gotha, S. 16-22

KUKLA, J. (1950): Pseudokrasove jeskynfc u Loktu na Slovensku - Ceskoslovensky kras (vol. 3), Brno, S. 274-278

SZENTES, G. (2005): 14* International Congress of Speleology - Nachrichtenbrief (Nr. 14.), Isztimer, S. 1-6

TULUCAN, T. (1997): New U.I.S. Commission - „Insid Earth" Sonderausgabe von 12. Int. Kongress für Speläologie (Nr. 6. 97.), La Chaux-de-Fonds, S. 6

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Anmerkung zum Text:
In Absprache mit István Eszterhás erfolgte eine grammatikalische, orthografische und rhetorische Überarbeitung durch Hartmut Simmert (07/2008) auf der Grundlage eines in deutsch vorgelegten Manuskriptes.
Dieses überarbeitete Manuskript war die Grundlage für den englischen Text.